Das Wasser schlägt leise Wellen.
Auf der Hafentreppe wird gechillt.
Der Nachbar spendiert eine Runde Eis.
Bin ich an der Riviera? Nein, in Offenbach.

AM ZIEL: Früher ragten hier Hochtanks in den Himmel, bis in die 70er-Jahre wurde auf der Hafeninsel noch Öl umgeschlagen. Zwischen Flusslauf und Hafenbecken ist jetzt ein Wohnquartier entstanden. Die ersten Pioniere haben schon angelegt.

Lange haben Insa Rullkötter und und eine Kita eröffnen demnächst, daran an Marcus Blumenthal nicht gesucht. Als die Kunstmanagerin und der Architekt das Wohnhaus auf der Hafeninsel besichtigten, warihnen schnell klar, dass sie von Mainz nach Offenbach ziehen. Mit ihrem schlechtenImage kämpft die alte Industriestadt immer noch. Erzählt das junge Paar, wo sie wohnen, erntensie meistens ein süffisantes Lächeln. Dann zückt Insa Rullkötter ihr Handy und zeigt Fotos vomBalkon mit Blick aufs Wasser. Oder lädt gleich Freunde und Bekannte zu sich nach Hause ein. „Es dauert zwar, bis die Freunde dann endlich mal kommen. Aber wenn sie da sind, werden sie ganz still“, lacht Insa Rullkötter.

WENN FREUNDE DA SIND, WERDEN SIE GANZ STILL

Insa Rullkötter und Marcus Blumenthal leben mit Hund Blue in einem neuen Wohnhaus mit 27 Eigentumswohnungen am Hafenplatz, das der Stadtteilentwickler Ardi Goldman erdacht hat. Über 600 Wohnungen werden auf der Insel des alten Ölhafens realisiert. Die Bauprojekte tragen klangvolle Namen: Luv & Lee, Hafengold, Marina Gardens. Schicke Mietwohnungen und stilvolles Eigentum überwiegen, aber auch die AGB Frankfurt Holding hat die Insel entdeckt und 178 Wohnungen gebaut.
Das Projekt „Junges Wohnen Offenbach“ mit 206 Mini-Apartements soll Studenten und Single-Haushalte ansprechen. Restaurants und Cafés haben eröffnet, eine Grundschule grenzend entsteht der neue Campus der renommierten Hochschule für Gestaltung. Ab 2018 wird sich die Inselspitze in eine Dünenlandschaft mit Schiffsanlegestelle, Ausflugslokalen und schwimmenden Plattformen verwandeln. Hat sich die einstige Industrie- brache in eine Art Urlaubsinsel verwandelt?

DER ZUSAMMEN­ HALT IST GROSS

Insa Rullkötter und Marcus Blumenthal wollen jedenfalls nicht mehr weg. Seit sie hier wohnen, kamen sie noch nicht einmal dazu, einen Fernseher zu installieren. Der Blick aus ihrer geräumigen Wohnung, die sich auf drei Split-Levels erstreckt, könnte unter- haltsamer nicht sein, finden die beiden. Auf der Hafentreppe treffen sich im Sommer Yoga-Kurse zum Sonnengruß und junge Leute zum Shisha-Rauchen. Sogar eine orthodoxe Taufe im Hafenbecken habe sie einmal beobachtet, erzählt Insa Rullkötter. Meistens aber gehen sie bei gutem Wetter gleich zur Hafentreppe und setzen sich auf die wellenförmig angelegten Stufen. „Weil hier alle neu zugezogen sind, findet man schnell zueinander“, sagt Marcus Blumenthal. Der Zusammenhalt sei groß, jeder helfe jedem. Man kennt sich, verabredet sich spontan auf dem Balkon zu einem Glas Wein. Sogar eine Facebook-Gruppe für die Hafeninsel-Bewohner gäbe es, sagen die beiden, in der man sich austausche, ganz gleich, ob es um neue Mülleimer gehe oder ein gemütliches Sofa, das Nachbarn verschenken wollen.

„Wir fühlen uns weder als Frankfurter noch als Offenbacher“, sagt Insa Rullkötter, „eher als Inselbewohner.“ Eine Viertelstunde brauchen die beiden mit dem Auto zur Arbeit nach Frankfurt, mitdem Rad sind sie genauso schnell in der Frankfurter Innenstadt und in 10 Minuten zu Fuß auf dem Wilhelmsplatz in Offenbach, um dort auf dem Wochenmarkt frisches Obst und Gemüse einzukaufen.

DEN BOOTS­ FÜHRERSCHEIN HABEN SIE SCHON GEMACHT

Und vielleicht, so erzählt Insa Rullkötter, gibt es eines Tages sogar ein Wassertaxi. Ein Hafentaxi zwischen dem Frankfurter Westhafen und dem Offenbacher Hafen mit Umsteigemöglichkeit an der Schleuse ist seit vielen Jahren das Lieblingsprojekt des Immobilienentwicklers Ardi Goldman. Die Insel ist ein guter Ort zum Leben und um eine Familie zu gründen, sagen beide. Aber erst mal legen sie sich vielleicht ein Boot zu. Den Bootsführerschein haben sie schon gemacht. Wilhelmsplatz in Offenbach to buy fresh fruit and vegetables from the weekly market.