Wie verwandelt man Industriegebiet in einen Stadtteil, Herr Wurm?

Auf dem ehemaligen Raab-Karcher-Areal nimmt eines der der größten Bauvorhaben in Frankfurt Form an. Unternehmen, eine Stiftung und Hotels ziehen auf 60.000 Quaratmeter Fläche. „Lindley-Quartier“ haben die Projektentwickler von Lang & Cie. das Gebiet getauft. Vorstandsmitglied Thomas Wurm ist überzeugt: Die Hanauer wird ein neuer Stadtteil werden.

Herr Wurm, mit dem Lindley-Quartier ist es Ihnen gelungen, in kurzer Zeit eine kaum genutzte Gewerbefläche nutzbar zu machen und Mieter zu finden. Wie kam es dazu?

Angefangen haben wir vor acht Jahren auf der Hanauer Landstraße. Dort kauften wir unser erstes Gewerbegrundstück. Mit gemischten Gefühlen, das muss ich zugeben. Ich weiß noch, als ich meinen ersten Termin bei der BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte. Der fertige Plan für ein Bürogebäude steckte in meiner Tasche und ich dachte: Fünf Minuten und dann fliege ich raus. Ein Wirtschaftsprüfer, im Westend etabliert, zieht niemals auf die Hanauer Landstraße. Aber: Die fanden das Ostend cool. Als ich wieder rausging, hatte ich sozusagen genau das richtige Produkt vorgestellt. Das war unser erster Schritt Richtung Osten.

Woher kam die spontane Begeisterung für die Hanauer?

Die Hanauer hat eine extrem gute Verkehrsanbindung und eine große Vielfalt, was Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten betrifft. Und die Mieten sind deutlich niedriger als im Westend. BDO fand den Standort spannend und wollte sich dort als einer der ersten positionieren. Und das ist ihnen auch sehr erfolgreich gelungen.

Die Hanauer ist keine typische Wohngegend, aber Sie haben dennoch auf diesem Grundstück Wohnungen gebaut. Was war der Auslöser?

Der Wohnraum in Frankfurt ist sehr knapp, das wird sich so schnell auch nicht ändern. Es gab noch eine Freifläche und so haben wir 90 Eigentumswohnungen dort entwickelt. Die Hanauer wird ein neuer Stadtteil werden. In den nächsten 24 Monaten entstehen dort 2.800 Wohnungen!

Was ist so attraktiv am Osten als Wohngebiet?

Es gibt Entwicklungsgebiete wie das Europaviertel oder den Riedberg und die funktionieren auch. Das Ostend aber hat den großen Vorteil, dass es ein gewachsenes Quartier mit einer heterogenen Struktur ist. Und die Industrie in der Nachbarschaft verleiht dem Ganzen ja auch den einzigartigen rauen Charme. Nicht zu vergessen: der Hafenpark, der ein großer Anziehungspunkt ist, besonders für Familien.

Jetzt haben Sie gerade eine Gewerbefläche an der Hanauer Landstraße umgewandelt: das ehemalige Raab-Karcher-Areal. Ihr persönliches Resümee dazu?

Aus einer unschönen Brachlandschaft ein ansprechendes Quartier zu machen ist eine sehr spannende Herausforderung. Als wir das Grundstück gekauft haben, hatten wir keinen Masterplan. Wir haben unsere Kunden gefragt, was sie brauchen, und daraus das Lindley-Quartier entwickelt. Wir bauen dort in kleinen Strukturen und arbeiten mit unterschiedlichen Architekten. Hier ist uns dieVielfalt wichtig, auch was die Mischung der Mieter betrifft. Klar, wir sind Unternehmer und müssen auf den Umsatz schauen. Aber es ist ein toller Mehrwert, etwas für eine positive Stadtentwicklung zu tun. Das liegt mir als treuem Ostendler, ich habe 47 Jahre hier gelebt, auch sehr am Herzen.

Sicher haben Sie als langjähriger Ostend-Bewohner auch ein persönliches Ostschätzchen?

Mein Lieblingsplatz ist das Uhrtürmchen an der Kreuzung von Friedberger Anlage und Sandweg. Das war im 19. Jahrhundert nicht nur eine öffentliche Uhr, sondern auch ein beliebter Treffpunkt. Das ist für mich ein Stückchen Heimat.

LINDLEY-QUARTIER

An der Hanauer Landstraße entsteht das Lindley-Quartier. Das Fiat-Chrysler Autohaus zieht ein, die Hilfsorganisation Medico, der Personaldienstleister Amadeus Fire, die Universum GmbH und die Werbeagentur GGK. Das Moxy Hotel hat schon eröffnet, das neue Lindely-Gästehaus befindet sich im Bau. Auch eine Kita ist geplant. Wohnungen sind wegen der nahen Hafenbetriebe nicht erlaubt.