ANGEKOMMEN: Noel und seine Frau Valeska im ekn footwear store am Danziger Platz.

Die Sneaker-Kultur wird im Allgemeinen nicht mit fairen Produktionsbedingungen und Nachhaltigkeit verbunden. Ein kleines Unternehmen im Ostend hat das geändert. Noel Klein-Reesink wohnt im Ostend. Das Ladengeschäft am Danziger Platz entdeckte er im Vorbeilaufen. Es sah ziemlich schlimm aus, erzählt er.

Die Decke aus Rigipsplatten, auf zwei Metern abgehangen, ein uralter Teppichboden. Klein-Reesink griff trotzdem zu. Vor einem Jahr hat er den ekn Footwear Store eröffnet, seinen ersten Schuhladen. Hinter der stylischen Ladeneinrichtung, in der nichts erzwungen wirkt, steckt ein durchdachtes Designkonzept aus formaldehydfreien und recycelten Materialien. Die Wände sind weiß, der Boden aus rohem Beton. Schuhe stehen auf hellen Cubes, manche werden von LED-Leuchtstoffröhren umrahmt. Alte Telefonspiralkabel liegen dekorativ herum. So zufällig wie der junge Unternehmer das Geschäft entdeckte, kam er auch zur Inneneinrichtung.

Die Zeit dort hat ihn geprägt. „Ich dachte immer, entweder man verdient Geld oder verändert die Welt. Hess Natur Hess Natur arbeitet profitorientiert und hat gleichzeitig weltweit ökologische und soziale Standards quasi mitentwickelt.“ Die Arbeit dort ist für Klein-Reesink eines der vielen Schlüsselerlebnisse auf seinem Weg zum nachhaltigen Unternehmer. Doch erst mal arbeitet er weiter an seiner „Öko-Kompetenz“. Er organisiert Konferenzen für die grüne Branche und berät Unternehmen zu ökologischen Themen. Die Idee, eine Ökomarke mit gutem Design zu verbinden, geht Klein-Reesink nicht aus dem Kopf. Und: Sneaker sollten es sein, denn „die sind quasi ein Symbol dafür, welchen Weg du gehst. Irgendwann dachte, ich versuch das jetzt“, sagt Klein-Reesink.

Eine Freundin empfahl ihm den Berliner Architekten Paul Bauer  der just in der Planungsphase nach Frankfurt gezogen war, um für das Architektur- und Designbüro Philipp Mainzer zu arbeiten. Das Büro, das schon Designklassiker, wie den berühmten „Backenzahn“ entworfen hat, setze auch das Einrichtungskonzept um. Begonnen hat alles viel früher. 2012 gründete Klein-Reesink die Marke ekn, um stilsichere Sneaker für Männer und Frauen zu produzieren. Und zwar nach strengen sozialen und ökologischen Standards. „Nach dem Abitur habe ich ein Jahr in New York gelebt“, erzählt er. „Damals, 1999/2000, fing das dort gerade an, der grüne Ökohype mit den LOHAS, für die alles bio sein musste. Und die waren dabei gut gekleidet und locker drauf. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt – das geht auch.“ Klein-Reesink studiert danach Kommunikationswissenschaften, arbeitet nebenher in der Sportartikelbranche und fragt sich immer wieder: Wo kommen die Materialien eigentlich her, wer macht das und unter welchen Umständen? Fragen, die man damals nicht stellen durfte, sagt er. Nach dem Studium wird er Marketing- berater bei Hess Natur, einem der größten deutschen Versandhäuser für Naturtextilien.

Er entwirft mit einem ehemaligen Designer von Adidas eine Musterkollektion und fährt nach Portugal, um sich Produktionsstätten anzuschauen, die EU-Öko-Standards erfüllen. Er lässt seine Kollektion produzieren und bietet sie probeweise im Berliner Showroom eines befreundeten dänischen Labels an. Die stylischen Sneaker aus natürlichen Materialien kommen an  und die Marke ekn ist geboren.

BIO-STYLE: Vegetabil gegerbtes Leder, recycelte Sohle: Das Modell Argan Low, designt von Max Herre und Mr. Bailey.

ES GEHT NICHT UM VERZICHT.

Noel Klein-Reesink steht vor einer Box, in der kleine Schüsseln mit buntem Granulat und pulvrigen Substanzen gefüllt sind. „Bei der konventionellen Schuhsohlenherstellung anderer Marken entstehen Abfallstücke“, erklärt er. „Die holen wir wieder raus und verwenden sie für unsere Sohlen.“ Weil die recycelten Sohlenstücke nicht immer nach Farben sortiert werden, sind manche ekn Sohlen bunt gesprenkelt und immer ein Unikat. Recycelte Sohlen sind teurer als industriell gefertigte, weil mehr Arbeitsschritte anfallen. Trotzdem sind ekn Sneaker bezahlbar, sie kosten zwischen 100,– und 200,– Euro. „Ich wollte kein elitäres Produkt machen, das sich keiner leisten kann“, betont Klein-Reesink. „Die Leute merken, dass die Qualität stimmt, und kommen wieder.“ Die Schuhe sind aus natürlichen Materialien gefertigt, das Leder vegetabil gegerbt. „Wir lassen das im Prinzip wie vor 300, 400 Jahren gerben mit Gerbstoffen wie Weidenrinde und Eichelmehl. Das ist teurer und dauert etwa fünfmal so lange. Aber am Ende hat das Wasser in den Gerbfässern Trinkwasserqualität und ist nicht wie bei der konventionellen Gerbung mit Schwermetallen verseucht“, sagt Klein-Reesink.

SAUBERE SNEAKER: Ökologische und recycelte Materialien, faire Produktionsbedingungen: ekn macht politisch korrekte Schuhe, die auch noch gut aussehen.

Ganze Landstriche werden durch Gerbprozesse mit Giftstoffen verunreinigt, die Schwermetalle setzen sich auch im Leder ab. Deshalb kaufen bei ekn footwear auch Allergiker ein. Veganer finden bei ekn Schuhe aus Kunstleder, das aus recycelten PET-Flaschen stammt. „Mir geht es nicht um den erhobenen Zeigefinger oder um eine Verzichtsethik“, sagt Klein-Reesink. „Ich will die Leute in erster Linie durch das Design über- zeugen.“ Überzeugt hat Noel Klein-Reesink auch Max Herre und Joy Denalane. Die beiden Berliner Musiker sind nicht nur Markenbotschafter, sie haben sogar einige Modelle mitdesignt. Zur Eröffnung des Ladens am Danziger Platz rappte Herre im Schaufenster und 300 Gäste tanzten auf 80 Quadratmetern. Heute, ein Jahr nach der Eröffnung des ersten ekn Stores, ist Klein-Reesink zufrieden.

Seine Sneaker verkauft er in die ganze Welt. Der Laden im Ostend läuft. Hier passiert im Moment sehr viel, sagt er. Und wünscht sich, dass noch mehr spannende Ladenkonzepte in der Nachbarschaft entstehen.

EKN

DANZIGER PLATZ 2–4 60314 FRANKFURT MO – SA 9:00 – 19:00 EKNFOOTWEAR.COM