WIRD DAS OSTEND ZUM COOLEN AUSGEHVIERTEL, HERR DIEKMANN?

Das Gelände zwischen Danziger Platz, Henschelstraße und Ostparkstraße war 1951 als Zentrale des Versandhauses Neckermann errichtet worden. Zuletzt residierte auf dem riesigen Areal die Telekom. Jetzt hat die hausinterne Projektentwicklerin der Adler Group das ehemalige Fernmeldeamt gekauft und entwickelt dort ein Mischquartier für den eigenen Bestand. Bis Ende 2024 nutzt sie das Gebäude zum Teil selbst – und hat einen Teil als Ausgehlocation vermietet.

Herr Diekmann, als Niederlassungsleiter für den Standort Frankfurt betreuen Sie das Projekt am Danziger Platz. Wie kam es zu dem Kauf?

Grundsätzlich suchen wir immer nach interessanten Standorten, in denen wir Potenzial zu einer Umwandlung oder Umnutzung sehen. In Frankfurt kann ich da aktuell auf die denkmalgeschützte Oberpostdirektion im Westend verweisen, wo wir 164 Eigentumswohnungen bauen oder auf den Kampus Kaiserlei am ehemals gleichnamigen Offenbacher Kreisel. Wir entkernen die ehemaligen Siemens-Bürotürme komplett und entwickeln im Mix mit Neubauten ein lebendiges Stadtquartier mit Mietwohnungen, Gewerbe, Hotel, Nahversorgung, Schwimmbad und Kita. Hier im Ostend auf dem ehemaligen Neckermann-Areal – das gefällt uns übrigens viel besser als die Bezeichnung „Telekom-Gelände“ – sehen wir ebenfalls großes Entwicklungspotenzial für eine Umwandlung in ein Wohnquartier.

Insgesamt sprechen wir hier ja über eine Fläche von mehr als 45.000 Quadratmetern. Was haben Sie genau damit vor?

Für ganz konkrete Pläne ist es noch etwas zu früh. Es ist in jedem Fall eine Mischnutzung vorgesehen. Das heißt circa 30.000 m2 fürs Wohnen und circa 15.000 m2 für Gewerbeflächen, wie Büros, Einkaufsmöglichkeiten und eine Kita. Auch hier denken wir nicht in einzelnen Einheiten, sondern übergreifend – „im Quartier“ sozusagen. Wir wollen einen Ort schaffen, an dem Menschen gerne wohnen, arbeiten und leben.

Das ist ein deutlich größerer Wohnanteil. Wann werden die ersten Mieter einziehen?

Zunächt starten wir den städtebaulichen Wettbewerb. Parallel dazu läuft der Bebauungsplan, der mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Wir setzen nicht auf etwas, was es schon gibt, sondern entwickeln den Plan ganz konkret für unser Quartier. Da geht’s dann um Dinge wie Klima, Schall, Wind und Verkehr. Wir müssen uns vor der Bauphase Gedanken machen über Dinge wie Energieversorgung, Mobilitätskonzepte, ökologische Baustoffe und Quartiersbegrünung. Um gelebte Nachhaltigkeit im Quartier zu implementieren, braucht man einige Zeit im Vorfeld. Nicht zu vergessen: Bevor wir die Neubauten und Plätze errichten können, muss zuerst der gesamte Komplex abgerissen werden. Wir planen 2025 damit zu beginnen.

Einen Teil haben Sie zur Zwischennutzung freigegeben: Den 1.500 m2 großen Hof und die angrenzende Werkstatt vermieten Sie zum Beispiel an das „Danzig am Platz“.

Genau. Das betreibt Simon Horn mit seinem Team. Simon Horn ist auch Mitinhaber und Chef de Cuisine des Restaurants „Margarete“ in der Innenstadt. Teile unserer Flächen dienen nun als Umschlagplatz für das Bier, das Horn und das Team entwickelt haben – „Frankfurter Helles“. Die alte Werkstatt und inzwischen auch die ehemalige Kantine der Telekom im Gebäude dienen als Pop-up-Location für Firmenevents oder private Feiern. Auch der Hof wird im Sommer und Frühjahr bespielt, da gibt’s dann Essen, Musik und Drinks. Von so einer Zwischennutzung versprechen wir uns – abgesehen davon, dass wir ja auch wirtschaftlich arbeiten müssen, eine interessante Mischung herzustellen und den Ort schon jetzt bekannt zu machen. Das wird übrigens toll angenommen. Bei uns findet man von Handwerkern, Künstlern über Agenturen und Start-ups bis hin zum Konzern fast alles. Derzeit finalisieren wir Flächen für das Deutsche Architekturmuseum, das während der Umbauarbeiten im eigenen Haus für zwei Jahre zu uns zieht. Und wir haben noch viel mehr Platz für kreative, aber auch konventionelle Nutzungen! An dieser Stelle arbeiten wir eng mit dem Danzig-Team zusammen, mit dem wir derzeit ein partnerschaftliches Vermietungskonzept für die Zwischennutzung aufstellen. Auch hier überzeugt die Interessenten
der prosperierende Standort und der interessante Mietermix, der sich im Bestandsgebäude entwickelt.

In anderen Städten wie zum Beispiel in London oder New York gelten ehemalige Industriequartiere als coole Ausgehviertel. Wie sehen Sie die weiteren Entwicklungen im Ostend?

Das Ostend hat sich in den letzten zehn Jahren rasant gewandelt, auch in Richtung Wohnen hat sich sehr viel getan. Mit Wohnhäusern kommen Menschen und die wollen in ihrem Viertel essen gehen, ausgehen, Spaß haben. So entwickeln sich Infrastrukturen. Ich freue mich, dass wir hier sind und diese Prozesse mitgestalten können. Hier entsteht auch bald die nordmainische S-Bahn, der Ostbahnhof wird saniert, der Danziger Platz komplett neu gestaltet … ich finde das alles sehr spannend. Das Frankfurter Westend ist schön – das Ostend erfindet sich jeden Tag neu.

Haben Sie einen Lieblingsplatz im Ostend – ein persönliches Ostschätzchen?

Natürlich. Das „Danzig am Platz“ bei gutem Wetter. Da findet man mich dann gerne am Abend mit meiner Frau und den Kindern, ein „Frankfurter Helles“ in der Hand.

NECKERMANN-AREAL

Die Projektentwicklertochter der Adler Group entwickelt auf dem ehemaligen Neckermann-Areal, auch Telekom-Areal genannt, zwischen Danziger Platz, Henschelstraße und Ostparkstraße ein gemischtes Quartier aus Wohnungen, Büros, Einzelhandel und Kita. Bis Baubeginn wird das Gelände zwischen genutzt, unter anderem vom „Danzig am Platz“. Informationen zu der Gastro-Location gibt es auf Facebook und Instagram.

Wenn Sie ein gewagtes Projekt auf der Eastside umsetzen dürften – wie würde das ausschauen?

Im Gespräch ist die Verlegung von Oper und Schauspiel in den Osten, auch wenn es deutlich Stimmen dagegen gibt. Ich halte dies für eine großartige Idee und kann mir nach internationalem Vorbild diesen Standort gut vorstellen. Es könnte eine großzügige Promenade entlang des Hafens geben und einen Bootsshuttle in die City. Nach der erfolgreichen Fertigstellung von THE DOCKS sind wir auf jeden Fall interessiert, ein nächstes Projekt im Ostend anzugehen, auch wenn es etwas weniger spektakulär ist.

THE DOCKS

Am Osthafen, in der ersten Reihe des Kais und in Sichtweite der EZB, ist eine neue, bunte Arbeitswelt von knapp 20.000 m2 direkt am Wasser entstanden. Projektentwickler ist Groß & Partner. Der Entwurf stammt von den Frankfurter Architekten Meixner Schlüter Wendt.